Das Verrückte ist, dass die Abbildung einer Miniatur, eines Miniaturpanoramas, gleich groß ist oder wirkt wie die eines normalgroßen Originals. Da bedarf es des Kunstgriffs, der die hergestellten Dinge, wenn sie in gewisser Hinsicht „real“ – also unter anderem abbildbar – erscheinen sollen, ein für alle Mal mit den richtigen Maßstäben versorgt: sodass nämlich die Miniatur als vermittelte Größe erscheint, ob sie nun original vor einem Lebewesen aufragt, das selbst sehr klein ist und dem man deshalb die Perspektive der Erschafferin künstlich aufpfropfen muss, auf dass ein bestimmtes Verständnis entwickelt werde; oder ob es sich eben um eine Abbildung handelt, in der die Originalgröße nicht von vornherein abschätzbar ist. Anders: Wenn es sich bei der Schrumpfung um einen Kunstgriff handelt, um ein Angebot, welches vermag, dass die Anschauung der Betrachtenden sich fremd werden darf, muss sich die Vermitteltheit auch als eine Art erinnerte physische Erfahrung darstellen. Brigittas Text-Bild-Textur „Populäre Panoramen“ schafft dies brillant schon mit dem ersten Satz: Textbewusstsein, im Zug, stellt sich (oder: uns) vor, wie es auf die Größe einer Stubenfliege schrumpft; verweist zu diesem Behuf auf den Film, in welchem solch Vorgang bereits erlebt; man nennt sich „ich“; das Selbstdings wackelt im Hochschaubahn-Wägelchen dahin, und irgendwer, als der man sich spürt, spielt Alice in Wonderland nach dem Genuss von mindestens einem halluzinogenen Keks, der uns verbeult und spaghettifiziert. Fortwährend wird man hier versuchen, sich lesend in die Panoramen einzupassen. Und so ist uns wohltuendes Kneifen sämtlicher erinnerte Erfahrungen unserer Physis garantiert. Lesen und Schauen!
Lisa Spalt, www.lyrikwelt.de