Kleins Hegel (2010)
Text & Bild: Brigitta Falkner
aus: Die Dichter und das Denken (Profile Bd. 11), Hrsg. K. Kastberger, K. P. Liessmann (Zsolnay Verlag, 2004)
Vincenza Scuderi, Literarische Grenzüberschreitungen; (un-) exakte Wissenschaften bei Brigitta Falkner; in: Experimentierräume in der österreichischen Literatur, Hrsg. Alexandra Millner, Dana Pfeiferova, Vincenza Scuderi (2020)
Bunte Tuben – Anagramm (Urs Engeler Editor, 2004)
Hardcover, Format: 155 x 195, 88 Seiten
Selbstklebende Sammelbilder aus: SELBST IST DER MANN, No. 14 (1964)
aus: Bunte Tuben – Anagramm (2004)
»Was bei diesen vierzig Seiten langen Gedicht herauskommt, ist ein philosophischer Spass erster Ordnung. Drück auf die ›Wunschtube‹, und es geht dahin. Weil es zum Wesen des Anagramms gehört, sich ständig selbst zu chiffrieren, hat Brigitta Falkner eine Geschichte erfunden, in der es genau darum geht, die ›dichtenden Tuben‹ zu enträtseln. […] In mancher Beziehung kann man Brigitta Falkners «Bunte Tuben» auch als späte Antwort auf jene Anagramm-Diskussionen lesen, die Jean Baudrillard schon vor über drei Jahrzehnten mit den TelQuel-Autoren geführt hat. Bei Brigitta Falkner sind die Signifikanten nicht tot, sondern das Grosspoem Bunte Tuben schafft es, in virtuoser Beherrschung der anagrammatischen Methode eben auch noch eine Geschichte zu erzählen. […] Falkners Palindrome und Anagramme, Fotos, Bildtexte oder Comics zeigen die Sprache bei der Arbeit und die Autorin mit einer reflexiven Leichtigkeit, die vor allem in der jüngeren Generation selten ist.«
– Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung 152/2004
»Falkner verfolgt eine radikal zeitgemäße ästhetik, mit der sie sich nicht in Traditionen einschreibt, sondern sich als Schriftstellerin immer wieder neu herausfordert und selbst entwirft – und uns dabei als ausgesprochen eigenständige, intelligente und humorbegabte Künstlerin entgegentritt. Welches Potential im Anagramm liegt, welche Spielräume im Verhältnis zur bestehenden Anagrammliteratur noch auslotbar sind, Falkners Bunte Tuben lassen es erahnen, indem diese, fast Zeile für Zeile, die Erwartungen übertreffen, die man sozusagen nicht einmal hatte.«
– Astrid Poier-Bernhard, manuskripte 167/2005
»Die noch größere [Leistung] dieser vielleicht originärsten zeitgenössischen Dichtung in deutscher Sprache besteht darin, dem Unsagbaren, um das es in Dichtung geht, eine neuen Namen zu geben: Bunte Tuben.«
– Erich Klein, Falter 23/2004
»Nichts entkommt dem satirischen Biss, den Brigitta Falkner in dieser philosophischen Erzählung mit kriminalistischer Allegorisierung entwickelt, Denken wie Dichten wenden ›uns den Uni-Wertesten zu‹. Die Heuristik dieses intelligenten Permutierens ist schwer zu fassen. Aber diese muss es geben, denn mit 23! (Faktoriell, also 23mal22mal21mal … mal2) als Anzahl der Möglichkeiten lässt sich mit Selektion allein nichts mehr erzählen. Auch über diesbezügliche mögliche Antworten macht sich die Autorin lustig, schon gar wenn sie inspirativ ins Religiös-Metaphysische abheben: O ZEICHEN & WUNDER! Betstunde / beendet! – (›Doch zuerst nun …‹ wie / ein Buch – zwo Stunden – redete / er! (wuszten ein Buch-Ende: TOD!)): / ›- Codes werden zu Buntheiten, / bunt zu deren Wesenheit & Code!‹
»Im Vergleich zu früheren Anagrammen haben sich vor allem die Eigennamen verabschiedet, die Ironie ist begrifflicher, der Witz noch trockener geworden. Liebe zum konkreten Wissen, also philosophische Tiefe im wahrsten Sinne des Wortes, ist allen Arbeiten Brigitta Falkners eingeschrieben. Ihr spezielles Wissen um die Funktion des Formalen und daß nicht die Beschränkungen der Methode, sondern entweder Methodenlosigkeit oder Beschränkung auf die Methode Beliebigkeit erzeugt, macht die Genauigkeit, mit der ihre Bezugsysteme und Geschichten konstruiert sind, mit der von Kalkülen vergleichbar. In diesem Sinn bekommen Stellen, die man in der dramatischen Entwicklung des Textes als gnadenloses Abkanzeln eigener Figuren liest, allgemeingültigen literaturkritischen Charakter; noch einmal aus dem Lipogramm Au! [in: Fabula Rasa oder Die methodische Schraube, Ritter Verlag 2001]: ›… fad und abundant fand Urs Babs’ Lautsalat, bar Anfang und Schluß; das Drama summa summarum zu lang: am Blatt zu unscharf und blaß, nur Anflug, Hauch, Schraffur -, als Schwank zu schmuck und glatt, als Stand-Up-Drama zu schlapp und flau (als Traktat zu prall und bunt); als Hausfrau-zuckt-aus-und-murkst-Mann-ab-Saga zu schwatzhaft und kraus (und als Rundfunkdrama zu gaga), zu abstrus und halbgar war Babs’ Suada…‹. Kalkülen, denen, wie wir seit Scheitern des Hilbert-Programmes wissen, ja auch im Formalisierbaren Grenzen gesetzt sind, fehlt als reinen Konstrukten der Witz der Anwendung. Dieser ist den Arbeiten Falkners inhärent, im Wissen um die Geschichte und Transformierbarkeit des verwendeten Materials und im Gegeneinander Ausspielen der verwendeten Medien und angenommenen Bedeutungen. Zu den wahren Prinzipien des Gestaltens zählt neben der ökonomie, nicht mehr zu benützen als für die gewählten Zwecke notwendig ist, eben zu wissen, wie die Zwecke so in Schach gehalten werden können, dass sich zeigt, wie Codierungen funktionieren. Diese Prinzipien setzen sich bei Brigitta Falkner nicht nur mithilfe ihrer elementaren Methoden bis ins kleinste Detail durch, von der Interpunktion bis zum unscheinbarsten, locker gesetzten Strich; diese zum Gelingen führenden Prinzipien ziehen sich auch durch alle von Falkner eingesetzten Verwendungsarten von Sprache, ganz im Sinne von Wittgensteins Es gibt keine Metasprache, Fußnoten miteingeschlossen.«
– Benedikt Ledebur, Aphatischer Muse Rede. Zu den Arbeiten Brigitta Falkners. In: Ein Fall für die Philosophie, Klever Essay (2014)
Strange Loops (2011)
Text / Bild / Ton / Stimme: Brigitta Falkner
Nach einem Bildtext aus dem Jahr 1999; Erstveröffentlichung in: manuskripte 137 (2006)